Drogenpolitik in Europa – ein Vergleich

Kaum ein politisches Thema löst wirklich kontroversere Debatten aus. In kaum einem anderen Feld liegen die Grundauffassungen innerhalb Europas weiter auseinander. Der Konsum illegaler Betäubungsmittel ist ein nicht zu lösendes Dauerproblem – und das in allen Gesellschaftsschichten. Entsprechend vielfältig sind die rechtlichen Ausformungen des Umgangs mit der Materie in den einzelnen Ländern.


Von den Niederlanden bis nach Schweden

Die liberale Politik der Niederlande in Bezug auf sogenannte „weiche Drogen“ und hier insbesondere Cannabis hat in den letzten Jahren Modifikationen erfahren. Seit 2011 ist der legale Erwerb von Haschisch durch Ausländer nicht mehr möglich. Coffeeshops wurden zu geschlossenen Clubs umgewandelt, in denen nur volljährige Niederländer Mitglied werden können. Gegenüber der Nulltoleranzpolitik in Schweden, die drakonische Strafen für den Besitz sowohl harter wie auch weicher Drogen vorsehen, stellen die Niederlande immer noch den Gegenpol innerhalb Europas dar. In Schweden kann bereits der Nachweis im Blut von THC (dem Wirkstoff des Haschisch), zu ernsten juristischen Konsequenzen führen. Der allgemeine Trend geht in Richtung einer Verschärfung. Dänemark änderte in den letzten Jahren mehrfach die Regeln für den Besitz von kleinen Mengen Haschisch hin zu einer stärkeren Kriminalisierung. In Italien wurde am 27.01.2006 eines der härtesten Drogengesetze Europas verabschiedet. Dabei wurde sich von der Unterscheidung zwischen harten und weichen Drogen vollständig verabschiedet. In Italien sind Konsumenten von Heroin und Haschisch demnach rechtlich vollkommen gleichgestellt.

Keine Experimente (mehr)

Wegen der hohen Zahl von gelegentlichen und dauerhaften Nutzern von Haschisch gibt es eine europaweit nicht abflauende Debatte zur Legalisierung von Cannabis. Nach der Wende fanden entsprechende Demonstrationen sogar in Osteuropa, etwa in der Slowakei und in Polen, statt. Eine teilweise Legalisierung hat aber bisher nur in den Niederlanden stattgefunden. Ende der neunziger Jahre gab es ähnliche Bestrebungen in der Schweiz, als in einzelnen Kantonen der Handel mit Cannabisprodukten geduldet wurde. Im besonders liberalen Basel gab es in den Hochzeiten angeblich mehr Hanfläden als Bäckereien. Allerdings führte die Liberalisierung in der Drogenpolitik zu einem Anstieg der Kriminalität in den betroffenen Kantonen. Aufgrund der Zunahme von Schutzgelderpressungen und Überfällen kam es 2002 und 2003 zu zahlreichen Razzien durch die Polizei. Gleichzeitig erfolgte eine Abkehr von den Maßnahmen zur Liberalisierung. Die in der Schweiz gemachten Erfahrungen werden inzwischen überall dort, gerade von konservativen Politikern, ins Feld geführt, wo über eine Änderung der Drogenpolitik diskutiert wird. Derzeit sind von keinem europäischen Land Regierungsbestrebungen hin zu einer Legalisierung von Cannabis bekannt.

Strafen in anderen Ländern

In Österreich stellt das Konzept „Therapie statt Strafe“ den Kern der dortigen Drogenpolitik dar. Konsequenterweise ist vor allem der Handel von Betäubungsmitteln mit harten Strafen bedroht. Kleine Mengen werden als Vergehen, große als Verbrechen behandelt. Eine Unterscheidung zwischen harten und weichen Drogen nimmt auch Groß-Britannien vor. Hier können Dealer eine lebenslange Freiheitsstrafe erhalten. In ihrem Jahresbericht 2010 stellte die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht fest, dass die Konsumraten in Bezug auf Cannabis sich in Teilen Osteuropas denen westlicher Länder angeglichen hätten und diese inzwischen teilweise überträfen. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass die mit der Strafverfolgung von Drogenhandel und Drogenkonsum verbundenen Probleme Europa weiterhin in seiner Gesamtheit betreffen werden. Es bleibt abzuwarten, welche (vermeintlichen) Lösungswege in Zukunft beschritten werden.

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