Wann eine Wurzelbehandlung wirklich nötig ist

Berlin/Leipzig – Plaque, Bakterien und Säure – auf der Zahnoberfläche tummelt sich so einiges. Doch wer sich regelmäßig die Zähne putzt und die Zwischenräume mit Zahnseide reinigt, muss sich in aller Regel keine Sorgen machen.

Nachlässigkeiten bei der Mundhygiene können indes unangenehme Folgen haben. Werden auch noch die mindestens zweimal jährlich erforderlichen Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt vergessen, kann das böse enden.

So kann es passieren, dass Bakterien sich einen Weg in das Innere des Zahns bahnen und sich dort Zahnfäulnis (Karies) weiter ausbreitet. Dies sorgt für eine unumkehrbare Schädigung der Pulpa, also des Nervs sowie der Blut- und Lymphgefäße im Zahninneren. «Bemerkbar macht sich das durch akute und meist stechende Schmerzen», sagt Prof. Dietmar Oesterreich. Er ist Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer in Berlin. Der betroffene Zahn reagiert zudem überaus empfindlich auf Kälte, später auch auf Wärme. Beim Fortschreiten der Entzündung kann die Wange anschwellen, weil Bakterien über den Zahn hinaus bis tief in die Kieferknochen eindringen. Über den Blutkreislauf kann es so zu einer manchmal lebensbedrohlichen Entzündung im Körper kommen.

Das kann mit einer Wurzelbehandlung verhindert werden. Zunächst wird betäubt. «Dann bohrt der Zahnarzt ein Loch in den Zahn und ortet die Hauptkanäle der einzelnen Wurzel», erläutert Zahnarzt Joachim Hoffmann. Er ist Vorstandsvorsitzender der Initiative proDente mit Sitz in Köln. Dann wird mit winzigen Instrumenten ein Großteil der entzündeten Pulpa aus dem Inneren der Wurzel entfernt. «Das ist mitunter kompliziert, da die Wurzelkanäle stark gebogen sein können», betont Hoffmann. Dann werden die Hohlräume desinfiziert, damit keine Bakterien in den Kieferknochen vordringen können.

Später kommt in die Wurzelkanäle eine Füllung. Möglichst zeitnah sollte der Zahn mit einer Krone oder Teilkrone versorgt werden. Dies stabilisiert und stellt auch die Ästhetik wieder her.

Der wurzelbehandelte Zahn muss regelmäßig vom Arzt kontrolliert werden. Das geschieht in größeren zeitlichen Abständen über Röntgenaufnahmen, um entzündliche Veränderungen im Knochen auszuschließen. «Grundsätzlich gibt es keine Erfolgsgarantie bei einer Wurzelbehandlung», betont Hoffmann. Über mögliche Komplikationen sollte der Patient vorab aufgeklärt werden. Eine Alternative zur Wurzelbehandlung wäre, den Zahn zu ziehen. Dann wird gegebenenfalls kostspieliger Zahnersatz fällig.

«Nach einer Wurzelbehandlung können im Schnitt mehr als 90 Prozent der behandelten Zähne auch nach zehn Jahren noch funktionsfähig in der Mundhöhle erhalten werden», weiß Prof. Christian Gernhardt. Er ist stellvertretender Direktor des Departments für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie Präsident der Deutschen Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie (DGET) in Leipzig.

Nicht alle Wurzelbehandlungen werden von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt. Sie zahlen eine Wurzelbehandlung in der Regel dann, wenn abzusehen ist, dass der Zahn auch tatsächlich erhalten werden kann, erklärt Oesterreich.

Auch Verletzungen beim Sport können eine Wurzelkanalbehandlung nötig machen. Wer eine Wurzelbehandlung vermeiden will, sollte zum Schutz seiner Zähne bei Risikosportarten wie etwa Boxen oder Eishockey daher immer einen Mundschutz tragen. Ansonsten gilt: die tägliche Mundhygiene ernstnehmen und regelmäßig seine Zähne auf Karies untersuchen lassen. «Je früher Karies erkannt und behandelt wird, desto besser», so Gernhardt.

Fotocredits: Christian Gernhardt,Christian Gernhardt,Cornelis Gellhardt,Markus Scholz
(dpa/tmn)

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